Meldung

2. Kommunalforum Klimaschutz

Der Handlungsdruck beim Klimaschutz wächst – gerade auf Kommunen. Denn sie sind die zentralen Player, die die Energiewende vor Ort umsetzen und dabei vorbildlich vorangehen müssen. Gleichzeitig haben sie immer mehr Aufgaben zu bewältigen und müssen zahlreichen Anforderungen gerecht werden.

Vor diesem Hintergrund lud die dena am 14. September 2022 Energiemanagement- und Klimaschutzverantwortliche aus Deutschlands Kommunen zum digitalen 2. Kommunalforum Klimaschutz ein. Ziel war es, aktuelle Herausforderungen und Fragestellungen zu diskutieren, mögliche Lösungsansätze aufzuzeigen und Hilfestellungen vorzustellen, welche die dena für Kommunen bereithält.

Rund 320 Interessierte, vorwiegend aus kommunalen Verwaltungen, nutzten die Chance und informierten sich in sechs unterschiedlichen Sessions zu den Themen Energiespar-Contracting, Quartiere, Serielle Sanierung/Energiesprong, Energieverbrauchsdaten, Kommunale Wärmeplanung (KWP) und Digitalisierung in Kommunen. Dabei gab es aktuelle Impulse und viele Praxisbeispiele, von denen sich die Teilnehmenden für die Umsetzung der Energiewende in ihren Regionen inspirieren lassen konnten.

Das Programm des 2. Kommunalforum Klimaschutz finden Sie hier zum Download.

Trotz Krieg und Energiekrise viel auf den Weg gebracht

Nach einleitenden Worten durch Nicole Pillen, Bereichsleiterin Urbane Energiewende bei der dena, gab Dr. Dominik Schäuble aus dem BMWK einen Überblick darüber, was der Bund in dieser Legislaturperiode bereits umgesetzt bzw. auf den Weg gebracht hat: vom Klimaschutzsofortprogramm über das sogenannte Osterpaket und das Gebäudeenergiegesetz, das in mehreren Schritten novelliert wird bis hin zu den Bundesförderungen Energieeffiziente Gebäude und effiziente Wärmenetze. Er verwies darauf, wie wichtig die Einbindung von Energieeffizienzdienstleistern für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende sei, da Energieeffizienz ihr Kerngeschäft sei und sie die notwendige Expertise mitbrächten. Die kommunale Wärmeplanung stellte er als zentrales Instrument der Wärmewende heraus, das allen Akteuren Planungs- und Investitionssicherheit bringen soll. Am Ende seines Impulses betonte er, dass trotz der aktuellen Notwendigkeit, kurzfristig Energie einzusparen, auch an die langfristigen Einsparmaßnahmen gedacht werden muss.

Sechs Sessions zu sechs wichtigen kommunalen Klimaschutzthemen

In den sich anschließenden sechs parallelen Sessions, von denen sich die Teilnehmenden bei der Anmeldung zur Veranstaltung eine ausgewählt hatten, wurden die Herausforderungen der Kommunen sichtbar. Die Referenten und Referentinnen teilten Erfahrungen und Einblicke in unterschiedliche Klimaschutzinstrumente und gaben viele praktische Tipps.

Session A: Energiespar-Contracting

In Session A gab es zunächst einen kurzen Impuls von Jonathan Flesch, Koordinator des dena-Modellvorhabens „Co2ntracting: build the future!“. Er erklärte, was ESC ist, nämlich ein ganzheitlicher Ansatz, um mit einer Ausschreibung gleich mehrere Nichtwohngebäude, bspw. der öffentlichen Hand, umfassend energetisch zu sanieren – und zwar mit Hilfe eines Energiedienstleisters und mit Garantie auf eine bestimmte Einsparhöhe. Er stellte außerdem das Modellvorhaben vor, für das sich weiterhin Kommunen bei der dena bewerben können, um eine kostenfreie Umsetzungsberatung für den gesamten ESC-Prozess und die fachliche Begleitung durch die dena zu erhalten.

Der zweite Impuls kam von Michael Pietzner vom Contractor E1, der bereits über einen großen Erfahrungsschatz an umgesetzten ESC-Projekten verfügt. Er erläuterte das neue und noch in der Entwicklung befindliche Klimaschutz-Contracting. Dieses Konzept geht noch einen Schritt weiter als ESC und legt den Fokus nicht mehr „nur“ auf die Senkung des Energieverbrauchs und der Energiekosten, sondern auf die nachweisliche Dekarbonisierung der Gebäude. Der Anspruch ist dabei außerdem, Energieeffizienz mit grüner Energie wirtschaftlich zu verbinden.

In den Diskussionen am Ende betonten die Referenten noch einmal, dass das Modell ESC gegenüber der Eigenumsetzung von Effizienzmaßnahmen viele große Vorteile bringt: Gerade das Vorgehen, mit nur einer – zwar recht aufwändigen –  Ausschreibung gleich ein großes Gesamtpaket an Leistungen von der Planung über die Umsetzung aus einer Hand von einem Dienstleister zu erhalten, kann Kommunen deutlich entlasten.

Die Vortragsfolien von Session B

  • „Energiespar-Contracting“, Dr. Jonathan Flesch (Seniorexperte Quartier & Stadt, dena) finden Sie hier als PDF-Download.
  • „Klimaschutz-Contracting“, Michael Pietzner (E1 Energiemanagement) finden Sie hier als PDF-Download.

Session B: Quartiere

In Session B berichtete Renate Korin von der Umweltstelle Bruchsal von ihrer Arbeit zur Wärmeplanung auf Quartiersebene. Sie erläuterte am Beispiel von Bruchsal, warum Quartiere ein wichtiger Baustein für die Energiewende seien, besonders für den Ausbau von (Nah-)Wärmenetzen und die Aktivierung von Akteuren für Sanierungsmaßnahmen. Bruchsal bspw. arbeitet mit einem Energieleitplan als zentrales Planungswerkzeug, der alle klimaschutzrelevanten Informationen, visualisiert in Karten, enthält. Dadurch entsteht eine räumliche Einteilung, die z. B. zeigt, welche Quartiere sich zukünftig über Wärmenetze oder dezentral versorgen lassen. Große Ankerkunden wie Schulen seien wichtig, um wirtschaftliche Netze zu etablieren. Ausgehend von diesen Ankerkunden sieht man dann, welche anderen Abnehmer sich anschließen können, um die Netze dann langsam auszubauen. Korin betonte, dass man einen langen Atem braucht, beim ersten Energiequartier startete die Konzepterstellung bspw. 2014, 2021 ist das Nahwärmenetz dann in Betrieb gegangen, die Öffentlichkeitsarbeit und Energieberatungen im Quartier laufen noch weiter.

Fazit der Session: Wärmekonzepte können am besten von sogenannten Keimzellen bzw. Ankerkunden ausgehend entwickelt werden, für die sich z. B. kommunale Gebäude eignen. Für die Konzepterstellung sollte viel Zeit eingeplant werden und für einen erfolgreichen Prozess ist viel Kommunikation mit vielen unterschiedlichen Akteuren erforderlich, dafür sollen auch Stellen in den Kommunen vorgesehen werden.

Die Vortragsfolien von Session B

  • „Quartiere als Baustein kommunaler Wärmeplanung“, Tim Sternkopf (Experte Quartier & Stadt, dena) finden Sie hier als PDF-Download.
  • „Quartiere und Wärmeplanung Bruchsal“, Renate Korin (Umweltstelle Stadt Bruchsal) finden Sie hier als PDF-Download.

Session C: Serielle Sanierung / Energiesprong

Hinter dem Energiesprong-Prinzip verbirgt sich eine Vision, die ursprünglich aus den Niederlanden kommt und in Deutschland unter dem Begriff „Serielles Sanieren“ den Weg ebnet, um ganzheitliche energetische Gebäudesanierungen in großem Maßstab einfacher, besser, schneller und bezahlbarer zu machen. Dafür sollen Sanierungskomponenten für Gebäudehülle und Anlagentechnik industriell vorgefertigt werden. Nils Bormann aus dem Energiesprong-Marktentwicklungsteam der dena erläuterte zunächst, was für einen erfolgreichen Start in ein Energiesprong-Projekt nötig ist, was Motivation und Ziele des Energiesprong-Ansatzes sind und wie der Stand der Marktentwicklung aktuell ist.
Im Anschluss berichtete Hr. Magnus Kassner von der ersten Energiesprong-Sanierung mit innovativer Solarwaben-Fassade in Herford zusammen mit einem österreichischen Unternehmen. Die Bauzeit bei diesem Projekt war mit rund sechs Monaten zwar deutlich länger als angestrebt, aber viele Vorteile des Energiesprong-Ansatzes kamen schon zum Tragen. Zukünftig, wenn die Entwicklung Serienreife gewinnt, wird sich auch die Bauzeit verkürzen. Dieses erste Pilotprojekt hat gezeigt, dass auch Gebäude mit schlechtester Effizienzklasse durch eine Energiesprong-Sanierung auf Effizienzlevel A gebracht werden können.

Die Vortragsfolien von Session C

  • „Der Energiesprong-Ansatz: Serielles Sanieren von Wohn- und Nichtwohngebäuden“, Nils Bormann (Seniorexperte Analysen & Gebäudekonzepte, dena) finden Sie hier als PDF-Download.
  • „Serielles Sanieren in der Praxis: Vorstellung und Erfahrungen eines Pilotprojektes“, Magnus Kassner (WWS Herford GmbH) finden Sie hier als PDF-Download.

Session D: Energieverbrauchsdaten

Die öffentliche Hand soll ihren Endenergieverbrauch (Wärme, Strom, Mobilität für Dienstreisen und Fuhrpark) jährlich um 1,7 Prozent senken. So plant es die EU laut Energy Efficiency Directive (EED, Artikel 5), welche derzeit verhandelt wird, für ihre Mitgliedsstaaten. Die Umsetzung in deutsches Recht befindet sich in der Ressortabstim-mung mit dem Energieeffizienzgesetz (EnEffG), das auch die jährliche Registrierung der gebäudescharfen Verbräuche vorsieht.

Dass an die Datenerfassung zunehmend Anforderungen gestellt werden, damit aber auch Vorteile einhergehen, beschrieb Dr. Wehling, Leiter des Bereichs Umwelt- und Energiemanagement in Wuppertal, aus eigener Erfahrung: In seiner Stadt wurden die 1.200 Zähler in 860 Gebäuden fast zur Hälfte mit Fernauslesung in Kooperation mit den Stadtwerken ausgestattet. Die andere Hälfte wird per App abgelesen und in die Energiemanagement-Software gespeist. Die Fernauslese ermöglicht eine hochaufgelöste Erfassung, Darstellung und zeitnahe Auswertung der Verbrauchsdaten, wodurch z. B. Leckagen und hohe Verbräuche sichtbar werden und eine sofortige Gegensteuerung ermöglicht.

Eine kurze Umfrage unter den Teilnehmenden vor der Veranstaltung hatte gezeigt, dass über 80 Prozent der Daten aus Rechnungen und Zählern „händisch“ und nicht automatisiert erhoben und ausgewertet werden. Auch Energiemanagementsysteme werden von über 70 Prozent noch nicht genutzt. Als Hemmnisse wurden Kosten und Personalaufwand genannt. Empfehlungen für die Automatisierung der Datenerfassung und -erarbeitung sowie Energiemanagementsysteme wurden vorgestellt.

Die Vortragsfolien von Session D

  • „Energieverbrauch in Liegenschaften der Öffentlichen Hand“, Martina Schmitt (Seniorexpertin Analysen & Gebäudekonzepte, dena) finden Sie hier als PDF-Download.
  • „Energiedaten in Kommunen (Erfassung, Auswertung)“, Dr. Wehling (Leiter des Bereichs Umwelt- und Energiemanagement, Stadt Wuppertal) finden Sie hier als PDF-Download.

Session E: Kommunale Wärmeplanung (KWP) (Fokus: Stadt-Umland, ländlicher Raum)

In Session E gab es interessante Einblicke in die Kommunale Wärmeplanung (KWP) im ländlichen Raum. Das Forschungsprojekt TRAIL, vorgestellt von Christiane Büttner von JENA GEOS, bietet bspw. ein Onlinewerkzeug, das speziell für die Kommunale Wärmeplanung in kleinen Kommunen mit personeller und zeitlicher Ressourcenknappheit entwickelt wurde. Bisher belief sich das Projekt auf Bayern, Thüringen und Hessen, eine Ausweitung auf alle Bundesländer ist in Planung – was von den Teilnehmenden sehr begrüßt wurde.

Frühzeitige Kommunikation und die Beteiligung aller relevanten Akteure seien zentrale Elemente eines gelingenden Strategieprozesses, betonten Mona Dellbrügge und Dr. Özgür Yildiz vom Beratungsunternehmen Ifok. Um die Akzeptanz eines Wärmeplanungsprozesses innerhalb einer Kommune zu stärken, sollten die verschiedenen Akteure von Anfang an beteiligt und z. B. in einem Zweckverband organisiert werden. Beispiel war ein Modellprojekt im Landkreis Lörrach, in dem die KWP unter Beteiligung von 35 Kommunen durchgeführt wurde.

Die Vortragsfolien von Session E

  • „Trail2 - Transformation im ländlichen Raum“, Christiane Büttner (Jena-Geos-Ingenieurbüro GmbH) finden Sie hier als PDF-Download.
  • „KWW-Praxis-Blick: Beteiligungsprozesse in der KWP anhand des Beispiels der interkommunalen Wärmeleitplanung im LK Lörrach“, Mona Dellbrügge und Dr. Özgür Yildiz (Beratungsunternehmen Ifok) finden Sie hier als PDF-Download.

Session F: Digitalisierung in Kommunen

In dieser Session wurde das Projekt Klimakommune.digital des Future Energy Labs der dena vorgestellt. Projektleiter Benedikt Pulvermüller stellte das aktuell mit der Stadt Hagen laufende Projekt, gemeinsam mit Herrn Dr.-Ing. Noroschat von der Stadt Hagen vor. Projektziele sind die Ausstattung der Kommune mit Sensorik und Messtechnik, um CO2-Einsparpotenziale zu heben und die Erarbeitung eines geeigneten Maßnahmenkatalogs. Darüber hinaus soll eine open-source-Plattform entstehen, die die Aufbewahrung, Aufbereitung sowie den Austausch der verschiedenen Daten ermöglicht.

Wichtigste Voraussetzungen zum Gelingen eines solch umfangreichen Digitalisierungsvorhabens seien die Unterstützung aller relevanten Akteure in der jeweiligen Kommune und die Bildung eines Kompetenzteams, da viele Schnittstellen in Politik und Industrie angesprochen und aktiviert werden müssen.

In der anschließenden Diskussion stand besonders der hohe Bedarf an Förderung von fachkundigem Personal sowie Budget für die Umsetzung solcher Vorhaben aus kommunaler Sicht im Fokus.

Die Vortragsfolien von Session F

  • „Klimakommune.digital“, Benedikt Pulvermüller (Teamleiter Digitale Technologien, dena) finden Sie hier als PDF-Download.

Fazit und Ausblick

Das Kommunalforum hat relevante und brennende Themen von Deutschlands Städten, Gemeinden und Landkreisen vereint, zeigte Lösungsansätze für aktuelle und zukünftige Klimaschutzherausforderungen und bot darüber hinaus allen Teilnehmenden die Möglichkeit zum praxisnahen Austausch.
Alle in den Sessions vorgestellten Themen bauen in der kommunalen Praxis aufeinander auf oder greifen ineinander. Mit einem bereits vorhandenen Energiemanagement lassen sich bspw. ein ESC-Projekt schneller umsetzen oder auch die KWP zügiger durchführen.

Wir hoffen, dass die Teilnehmenden sich einen guten Überblick über die verschiedenen kommunalen Klimaschutzinstrumente verschaffen konnten, um mit dem Klimaschutz und Energiesparen Schritt für Schritt voranzukommen.  Ob die einzelnen Instrumente parallel oder nacheinander zum Einsatz kommen können, ist stark von der individuellen Personaldecke einer Kommune abhängig. Bei der Initiierung und Umsetzung der Instrumente kann die dena auf verschiedenen Ebenen unterstützen.

Einen kleinen Wehrmutstropfen gab es allerdings: Sowohl die Technik als auch das Internet haben uns an diesem Tag einen Streich gespielt, weswegen die Übertragungsqualität deutlich gelitten hat.  Wir hoffen, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer trotz dieser Schwierigkeiten viele Impulse, praktische Tipps, Anregungen und gute Beispiele zur Bewältigung ihrer Aufgaben vor Ort mitnehmen konnten! Alle, die Schwierigkeiten mit der Ton- oder Bildqualität hatten, haben die Möglichkeit, sich den Videomitschnitt aus dem Webstudio inklusive der Abschlussdiskussionsrunde noch einmal anzusehen:

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3. Kommunalforum Klimaschutz - Politischer Impuls von Stefan Wenzel

Mit dem Kommunalforum Klimaschutz wird die dena auch künftig relevante kommunale Klimaschutzthemen zusammenführen und damit eine breite kommunale Teilnehmerschaft ansprechen. Wir freuen uns auf den nächsten Termin in 2023!

Weiterführende Links:

Energiespar-Contracting: www.kompetenzzentrum-contracting.de

dena-Modellvorhaben „Co2ntracting: build the future!“ www.kompetenzzentrum-contracting.de/modellvorhaben/zur-bewerbung

Energie- und Klimaschutzmanagement: www.energieeffiziente-kommune.de

Urbane Energiewende und Quartierthemen: www.dena.de/urbane-energiewende

Serielle Sanierung / Energiesprong: www.energiesprong.de

Kommunale Wärmeplanung (KWP): www.kww-halle.de